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Das Ende der Kitaplatz Warteliste?

Die überraschende Wende bei Kitaplätzen in Berlin und Brandenburg
HeyAva Redaktion
7 Minuten
Lesezeit
Aktualisiert am:
September 3, 2024

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Das Ende der Kitaplatz Warteliste?

Was vor wenigen Jahren noch undenkbar schien, ist heute Realität: Kindertagesstätten und Kinderläden in Berlin und Brandenburg verzeichnen Tausende freie Plätze. Diese unerwartete Entwicklung hat weitreichende Konsequenzen für Familien, Erzieherinnen und Erzieher sowie die gesamte Landschaft der frühkindlichen Bildung und Betreuung in der Region.

Die Zahlen sprechen für sich

In Berlin gab es laut Bildungsverwaltung zum Stichtag 20. Juni 1.565 freie Plätze bei den Eigenbetrieben und 7.215 Plätze bei Kitas in freier Trägerschaft. Auch in Brandenburg zeigt sich ein ähnliches Bild:

  • In Potsdam waren zum Stichtag 1. Juni etwa 1.900 Plätze nicht belegt.
  • In Schwedt (Landkreis Uckermark) waren knapp 300 Plätze frei.
  • Die kreisfreie Stadt Brandenburg (Havel) meldet für August 2024 553 freie Plätze in den Bereichen Kinderkrippe und Kindergarten, 130 mehr als im Vorjahr.

Gründe für den Wandel

Mehrere Faktoren tragen zu dieser überraschenden Entwicklung bei:

  1. Sinkende Geburtenzahlen: In Berlin wurden im vergangenen Jahr nur noch 34.000 Kinder geboren (2018: ca. 40.000), in Brandenburg 15.885 (2018: 19.881).
  2. Ausbau der Betreuungsinfrastruktur: In den vergangenen Jahren wurden systematisch mehr Kita-Plätze geschaffen, um die Wahlmöglichkeiten der Eltern zu vergrößern.
  3. Regionale Unterschiede: Die Situation variiert stark je nach Bezirk und Kommune, was die Komplexität der Lage unterstreicht.

Auswirkungen auf Erzieherinnen und Erzieher

Die neue Situation könnte positive Auswirkungen auf das pädagogische Personal haben:

  • Entspannung des Fachkräftemangels: Die sinkende Nachfrage könnte den akuten Personalmangel in Kitas entlasten.
  • Potenzielle Qualitätssteigerung: Mit weniger Druck, offene Stellen schnell zu besetzen, könnten Einrichtungen bei der Personalauswahl selektiver vorgehen, was die Qualität der Fachkräfte steigern könnte.
  • Herausforderungen bleiben: Erzieherinnen und Erzieher wünschen sich zunehmend flexiblere und reduzierte Arbeitszeiten. Zudem bleibt der Krankenstand in der Branche vergleichsweise hoch.

Auswirkungen auf die Qualität der frühkindlichen Bildung

Das Überangebot an Plätzen bietet Chancen für die Verbesserung der frühkindlichen Bildung:

  • Wettbewerb um Kinder: Kitas müssen nun aktiv um Kinder werben, was zu einer Steigerung der Qualität in der frühkindlichen Bildung führen könnte.
  • Verbesserter Personalschlüssel: Weniger Kinder pro Gruppe könnten zu einer intensiveren Betreuung führen.
  • Erweitertes Angebot: Kitas könnten motiviert sein, ihr pädagogisches Angebot zu erweitern und zu verbessern, um attraktiv zu bleiben.

Situation für Eltern

Für Eltern bedeutet die neue Situation theoretisch mehr Wahlmöglichkeiten:

  • Sie können sich die Kita aussuchen, die am besten zu ihrem Kind und ihrer Lebenssituation passt.
  • Die Wartelisten, die früher in vielen Einrichtungen üblich waren, gibt es vielerorts nicht mehr.

Dennoch bleibt die Lage komplex:

  • In einzelnen Bezirken und Kiezen, wie beispielsweise in Neukölln, besuchen weiterhin weniger Kinder eine Kita als in anderen Teilen der Stadt.
  • Es kann weiterhin zu Engpässen in bestimmten Altersgruppen kommen, besonders im Krippen- und Hortbereich.

Erfahrungen von Heyava

Als Karriereplattform für pädagogische Fachkräfte und Kitasuche erleben wir täglich die Auswirkungen dieser Veränderung:

  1. Verzweifelte Kita-Leitungen: Wir erhalten regelmäßig Anrufe von Kita-Leitungen, die dringend Unterstützung bei der Platzvergabe suchen. Der Druck, Plätze zu besetzen, um die Finanzierung sicherzustellen, ist enorm.
  2. Veränderte Elternpräferenzen: Familien werden zunehmend wählerischer. Sie vergleichen Einrichtungen intensiver und achten verstärkt auf Faktoren wie pädagogische Konzepte, Öffnungszeiten und zusätzliche Angebote.
  3. Regionale Unterschiede: Wir beobachten deutliche Unterschiede zwischen den Bezirken. Während in manchen Gegenden ein Überangebot herrscht, gibt es in anderen nach wie vor Engpässe.

Ähnliche Herausforderungen bundesweit

Während wir in Berlin und Brandenburg mit einem Überangebot an Kitaplätzen konfrontiert sind, zeigt sich in anderen Bundesländern ein ähnliches Bild der sinkenden Kinderzahlen. Allerdings gehen diese Länder einen anderen Weg, um den Herausforderungen zu begegnen. Anstatt Personal zu entlassen, setzen sie auf eine Reduzierung des Betreuungsschlüssels.

In Thüringen beispielsweise wurde kürzlich ein neues Kindergartengesetz beschlossen, das vorsieht, dass eine Erzieherin künftig nur noch für maximal zwölf statt bisher 16 Kinder über drei Jahren verantwortlich sein soll. Bei Kindern unter drei Jahren wurde der Schlüssel auf eins zu sechs festgelegt. Ähnliche Überlegungen gibt es auch in anderen Bundesländern.

Diese proaktive Maßnahme zielt darauf ab, trotz sinkender Kinderzahlen das Kita-Personal zu halten und gleichzeitig die Qualität der frühkindlichen Bildung zu steigern. Es ist ein interessanter Ansatz, der die demografische Entwicklung als Chance für Qualitätsverbesserungen nutzt.

Berlin profitiert zum Glück von einer starken Zuwanderung und verfügt generell über einen guten Betreuungsschlüssel. Dies erklärt teilweise, warum die Hauptstadt trotz des bundesweiten Trends eines Geburtenrückgangs weiterhin eine hohe Nachfrage nach Kitaplätzen verzeichnet. Dennoch zeigen die Erfahrungen anderer Bundesländer mögliche Wege auf, wie man langfristig mit Veränderungen in der Nachfrage umgehen kann, ohne die Qualität der Betreuung zu gefährden.

Blick in die Zukunft

Die aktuelle Situation in Berlin und Brandenburg könnte richtungsweisend für andere Regionen sein. Während ein "großes Kita-Sterben" noch lange nicht absehbar ist, stehen Einrichtungen und Behörden vor der Herausforderung, flexibel auf die veränderte Nachfrage zu reagieren.

Diese unerwartete Wende in der Kitalandschaft von Berlin und Brandenburg zeigt, wie dynamisch demografische Entwicklungen sein können und wie wichtig es ist, Infrastruktur und Planung flexibel zu gestalten. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob sich dieser Trend verfestigt und wie Politik, Träger und Familien langfristig damit umgehen werden. Eine balancierte Strategie, die sowohl die Qualität der frühkindlichen Bildung als auch die wirtschaftlichen Realitäten berücksichtigt, wird entscheidend sein für die Zukunft der Kinderbetreuung in der Region.

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